Kulturwoche am EKG
Die von der KSK unterstützte Kulturwoche am EKG geht auf die Initiative und das Engagement von Kunsterzieherin Doris Vogel zurück. Sie umfasste für die Klassen 9 unterschiedliche Vorträge, praktische Umsetzungen und Erfahrungen sowie den Kontakt und Austausch mit Profis aus dem Kulturbetrieb, darunter Schriftstellerinnen, Bühnenbildnern und Schauspielern.
Kulturwoche Tag 1: Lyrik mit Frieda Paris
Den Anfang machte am Montag die mit Preisen und Stipendien bedachte Hörspielautorin und Lyrikerin Frieda Paris, die eigens dafür aus Wien angereist war.
Sehr direkt stieg sie in ihren Text „Nachwasser“ – ein Langgedicht – ein. Unterteilt ist dieses in kapitelartige Fragmente, die auch und gerade das Schreiben, den Weg zum Text selbst zum Thema haben – ein wunderbarer Auftakt für das, was einige Schüler und Schülerinnen dann in Form eines Workshops mit Paris im Verlaufe des weiteren Morgens selbst noch erfahren sollten.
Die Schüler und Schülerinnen erkannten das Fragmentarische, das gewollt war und das sich im Laufe des weiteren Textes immer mehr auflöse, insbesondere dann, wenn man den Text öfters lese, wozu Paris beim Lesen von Gedichten grundsätzlich rate. Der Sprung in Kapitel sechs des Buches, das mit Exposé I: Hier schreibt eine Schreibende betitelt war, erhellte den Blick: Denn ins Zentrum gerückt wurde nun im Buch der Schreibprozess, der zu ihm führte; und damit der Versuch einer lyrischen Entfaltung, woraus dieser sich speiste und wie dieser mit dem eigenen Leben, aus dem Aspekte verwandelt wurden, zusammenhängen könnte. So tauchten Momente aus einem Urlaub auf, in dem das lyrische Ich sein erstes Gedicht verfasste.
Über die Erfindung der Lomeise, die als Art „gedanklicher Schnabelpartner“ auf der Schulter des lyrischen Ichs sitzt, und über andere Aspekte, sprachliche Bilder und gefundene Metaphern etwa, kam die Autorin immer wieder von Neuem mit interessierten Schülern und Schülerinnen über einen Text ins Gespräch, der auch zeigt, wie der Prozess des Schreibens zum Text selbst verlaufen kann. Weitere Themen waren der lange Weg zum Beruf der Autorin sowie der zur Veröffentlichung und was Wortmütter für die Autorin sind. Als eine Art Rat für all diejenigen unter den Schülern und Schülerinnen, die selbst schreiben, sagte die gebürtige Ulmerin Frieda Paris, die ihrerseits als Schülerin mit dem Verfassen von Gedichten begonnen hat, man müsse beobachten und wahrnehmen und: „in der Dichtung haben wir die Möglichkeit mit Bildern zu arbeiten, d.h. verwandeln“, alles könne am Anfang stehen, auch ein Satz oder ein Wort aus der U-Bahn.
Im Workshop arbeitete die Klasse 9a intensiv an Gedichten von Ernst Jandl. Zuerst näherten sich die Jugendlichen mit ihrer eigenen Stimme den Texten an, variierten Tonart und Klang, Geschwindigkeit und Lautstärke und gaben so verschiedenen Emotionen Ausdruck. „Ein Gedicht stellt Wörter in den Raum und lässt sie in Dialog miteinander treten“, beschrieb es Frieda Paris. Und so traten die Schülerinnen und Schüler in Dialog mit den Gedichttexten und schrieben selbst ihre eigenen Antworten darauf. Hier wurden Gedichte zerschnippelt und neu zusammengesetzt, dort aus Buchstaben Bilder gestaltet oder eigene Texte verfasst. Am Ende kam es zu einer intensiven und kreativen Lesung all der kleinen Wortkunstwerke der Jugendlichen.
Kulturwoche Tag 2: Bühnenbild mit Manuel Kolip
Wie entsteht aus einer Idee eine Traumwelt, also das Bühnenbild zu Shakespeares Sommernachtstraum? Manuel Kolip, freischaffender Bühnenbildner aus Karlsruhe, nahm die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen hinein in den langen kreativen Prozess der Entwicklung einer Bühnenausstattung. Er stellte den Jugendlichen seinen Entwurf für die Freilichtbühne in Backnang vor. So konnten die jungen Zuhörenden jeden Schritt von der ersten Idee über die Skizzen und den Bühnenbau bis hin zur fertigen Bühne bei der Aufführung anhand von Bildern und Modellen nachvollziehen. Die Schülerinnen und Schüler hatten außerdem zahlreiche Fragen zum Beruf des Bühnenbildners, die Kolip im spannenden Gespräch beantwortete. Beim Workshop durfte sich dann eine Klasse selbst als Bühnenbildner betätigen und eigene Ideen zum „Sommernachtstraum“ entwerfen. So wurde das Grundmodell der Bühne, das Kolip mitgebracht hatte, mit neuen Konzepten ergänzt. Die Jugendlichen bastelten und klebten, konstruierten und malten – und am Ende war die Bühne ein bunter Zauberwald oder eine Blackbox. Ihre Ideen präsentierten die jungen Bühnenbauer dem interessierten Publikum in ihrer Klasse.
Kulturwoche Tag 3: Schauspielkunst mit Michael Kranz
Irgendwo habe ich den schon gesehen… dachte sich so mancher Jugendliche der 9. Klasse, als Michael Kranz zur Kulturwoche kam. Und als die Klassen begriffen hatten, dass hier ein Schauspieler vor ihnen stand, der schon mit Steven Spielberg, Quentin Tarantino oder Brad Pitt auf der Leinwand zu sehen war und den sie aus den Eberhofer-Krimis kennen, war so manches Selfie fällig. Vor allem faszinierte Kranz die Schülerinnen und Schüler aber durch seine lebendigen Erzählungen aus dem Alltag eines Filmschauspielers. Sehr anschaulich ging er dabei auf die Herausforderungen und Erfahrung des Berufes ein. Aus Liebe zu den Menschen und ihrer Vielfalt sei er Schauspieler geworden und genieße es nun, verschiedenste Rollen spielen zu dürfen. Ihn reize es, in eine Rolle, in eine Person einzutauchen und sich hineinzufühlen. Als Sohn eines Arztes habe er schon als Kind psychisch kranke Menschen beobachtet. Er versuche, jede Figur so zu spielen, dass man merkt, dass auch sie ein Mensch ist. Das Studium an der Otto-Falkenberg-Schauspielschule in München und Filmrollen haben ihm einen guten Stand in der Branche ermöglicht. „Können sie auf Knopfdruck weinen?“ Diese Frage war Anlass, über die eigenen Emotionen zu reden, auf die man im Schauspiel zurückgreift, aber auch Tricks zu zeigen, wie eine authentische und vielschichtige Mimik und Gestik gelingt. „Beim Spielen entwirft man Seelen, man entdeckt neue Möglichkeiten des Seins“, das sei das Faszinierende an dieser Kunst. Offen stand Kranz Rede und Antwort zu ganz konkreten Fragen über seine Einsätze und Gagen. Auch die Gefahren des Berufes wurden deutlich: Michael Kranz kam mit Krücken, weil er sich bei der Darstellung eines Unfalls tatsächlich verletzt hatte.
Beim anschließenden Workshop zeigte Kranz durch Vorführung und durch Filmausschnitte, wie er eine Rolle ganz konkret ausgestaltet hat. Er machte deutlich, wie anspruchsvoll es war, vor der Kamera in der Rolle des renommierten Arztes und Liebhabers als Mörder entlarvt zu werden. Die ganze Bandbreite an Emotionen wurde hier in der Mimik deutlich. Mit den Jugendlichen erprobte der Schauspieler mit verschiedenen Übungen ungewohnte Körpererfahrungen. Kranz ermunterte die jungen Menschen, einen vorgegebenen Dialog in unterschiedlichen Varianten und Emotionen zu spielen, was gleichermaßen zu dramatischen wie witzigen Ergebnissen führte. Dieser spannende Vormittag war nach Meinung vieler Jugendlicher das Highlight der Kulturwoche.
Kulturwoche Tag 4: Lyrik mit Carolin Callies
Kann man von Lyrik leben? Nicht nur das wollten die Schülerinnen und Schüler von Carolin Callies am vierten Tag der Kulturwoche wissen. Nein, bestimmt nicht von den Tausend Exemplaren, die von einem Gedichtbuch gedruckt werden. Callies erzählte den 9. Klassen deshalb von ihrem vielfältigen Arbeitsalltag in der Literaturbranche, von Lyrikpreisen, Literaturfestivals und Buchmessen. Warum sie Lyrik schreibt und keine Geschichten erzählt? „Das wüsste ich selbst gerne… Ich versuche, Momentaufnahmen vom Leben genau zu erfassen“, antwortete die Autorin und verriet den Jugendlichen, dass es „cooler“ sei, Gedichte zu schreiben, als sie zu interpretieren. Bei der Lesung ihrer Gedichte wirkten die Zuhörenden kreativ mit durch Choreinlagen und Sprachspiele.
Beim anschließenden Workshop waren dann die Schülerinnen und Schüler der 9c gefordert, mit Worten zu spielen. Sie schrieben selbst kleine Gedichte. Formen wie die des traditionellen Haiku, das aus 17 Silben besteht, waren dabei eine Herausforderung, die Gedanken in wenige prägnante Worte zu bringen. Am Ende erfanden die Jugendlichen zahlreiche neue Worte, um so anschaulich wie möglich Farben zu beschreiben – von Baumstammbraun bis zum Freiheitsglanz. Die Kulturwoche hat dabei so manches lyrische Talent in der Klasse ans Licht gebracht. Es entstanden berührende, kreative und tiefreichende Sprachkunstwerke.