Jüngst stand für die Klasse 10c kein gewöhnlicher Schultag an: Die Schülerinnen und Schüler nahmen an einem politischen Projekttag teil, der von Gk-Lehrerin Lydia Meinel-Strommer initiiert und in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg durchgeführt wurde. Im Zentrum des Tages stand das Planspiel „Festung Europa? – Asyl- und Flüchtlingspolitik in der EU“, das unter der Leitung der beiden jungen Referentinnen Ana-Lucia und Carlotta – beide Studentinnen mit inhaltlicher und didaktischer Kompetenz – stattfand.
Schon zu Beginn des Tages wurde deutlich, dass es nicht nur um reines Faktenwissen oder politisches Grundverständnis gehen würde. In verschiedenen Warm-ups wurden die Jugendlichen zunächst spielerisch an das Thema Migration herangeführt. Dabei gelang es den Referentinnen, mit einigen gängigen Vorurteilen aufzuräumen – insbesondere mit der weit verbreiteten Vorstellung, dass die EU die Hauptzielregion weltweiter Fluchtbewegungen sei. Mit anschaulichen Karten und Statistiken wurde klar: Der größte Teil der Geflüchteten wird nach wie vor in Regionen des Globalen Südens aufgenommen. Diese erste Auseinandersetzung schärfte bereits die Perspektive der Jugendlichen für die Komplexität des Themas.
Im anschließenden Planspiel schlüpften die Schülerinnen und Schüler in die Rollen von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener EU-Mitgliedsstaaten, des Ratsvorsitzes oder der Kommission. Es galt, unterschiedliche Positionen zur gemeinsamen europäischen Asylpolitik zu vertreten und durch geschickte Argumentation und Kompromisssuche zu einer gemeinsamen Erklärung zu kommen. Dabei standen zentrale Fragen im Raum: Wie kann eine faire Verteilung von Geflüchteten in der EU gelingen? Welche Rolle spielt Solidarität? Wie lassen sich humanitäre Verpflichtungen mit sicherheitspolitischen Interessen vereinbaren?
Der Tag war anstrengend. Viele berichteten im Anschluss, wie herausfordernd es gewesen sei, sich in eine fremde Position hineinzuversetzen, Argumente stichhaltig zu vertreten und dabei gleichzeitig einen Einblick in die vielschichtigen Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene zu bekommen. Aber gerade diese Anstrengung war es, die den Tag für viele so eindrucksvoll machte. Die Erfahrung, in Verhandlungen festzustecken, sich mit konkurrierenden Interessen auseinandersetzen zu müssen und am Ende dennoch einen – wenn auch fragilen – Kompromiss zu erzielen, wirkte für viele Schülerinnen und Schüler augenöffnend.
Am Ende des Tages stand für viele fest: Europa ist keine Festung – es ist ein Raum des Ringens um Lösungen, ein politisches Projekt, das gerade durch seine Widersprüche lebendig bleibt. Ein Tag wie dieser macht Mut, sich einzumischen.