Love-Kendy Jourdan, Schüler aus Haiti, besuchte das EKG und berichtete aus seinem Land

Selbstbewusst steht Love-Kendy Jourdan, zurzeit Stipendiat und Schüler am Robert Bosch College in Freiburg, vor den SchülerInnen der Oberstufe, um ihnen in insgesamt vier Vorträgen sein Land Haiti näherzubringen. Er fragt in die Runde, was denn über Haiti bekannt sei. Die Oberstufler wissen Bescheid über Armut, Erdbeben, Hurrikane, den kürzlich ermordeten Präsidenten oder politische Instabilität. Do you also believe that Haiti is a shitty country like former US President Donald Trump once said?, fragt Kendy herausfordernd in die Runde. Der ehemalige Debattierer beherrscht sein Handwerkszeug, das er in vielen nationalen Wettbewerben über Jahre hinweg trainieren konnte.

Er berichtet über kaum bekannte Ereignisse aus der haitianischen Geschichte: dass Haiti 1804 die erste schwarze Republik war, die das Joch der Sklaverei durch die französischen Kolonialherren abgeschüttelt hatte, dass Haiti andere Staaten in Lateinamerika im Befreiungskampf militärisch, ideologisch und strategisch unterstütz hatte und dass diese Erfahrungen sein Volk resilient und stark gemacht hätten. Die Grandeur seines Volkes bestehe damit im geleisteten Beitrag zu den Menschenrechten, in der Wertschätzung der Freiheit, deren Banner Haiti in die ganze Welt hinaus-getragen habe, und schließlich besonders in seinen offenen, lebensfrohen und solidarischen Menschen.

Dann wird der Bildschirm bunt, Kendys Stimme klingt nostalgisch: der Karneval ist jedes Jahr ein großes Fest, bei dem auf den Straßen ausgelassen gefeiert wird. Überhaupt sind Musik und Tanz wesentliche Elemente der haitianischen Kultur. Kendy spielt ein kurzes Video ein, auf dem er einer Abiturientin die Compas-Schritte, dem nationalen Tanz, beibringt.

Er hebt die Bedeutung der Frauen in seinem Land hervor, die immer stark sein und viel leisten müssten, um ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Wir Jungs müssen die Frauen unterstützen, denn wir sind alle gleich, Frauen sind genauso viel wert wie Männer, begründet Kendy sein feministisches Engagement.

Das haitianische Nationalgericht ist die Soupe Joumou, eine Kürbissuppe mit Fleischeinlage, die traditionell jedes Jahr am Neujahrstag gegessen wird. Die Soup Joumou steht für Freiheit und Gleichheit, denn ursprünglich mussten die Sklaven ihren Herren diese Suppe immer am Neujahrstag zubereiten, ohne jedoch selbst davon essen zu dürfen. Seit der Unabhängigkeit isst das ganze Land am 1. Januar mit Appetit diese Kürbissuppe.

Am Ende wird Kendy sehr persönlich und Stolz schwingt in seiner Stimme mit, als er seinen Vortrag abschließt: I am black, I am Haitian, I am proud.

Der junge UNO-Friedensbotschafter und Menschenrechtsaktivist hat in den zwanzig Minuten seines beeindruckenden Vortrags den Horizont aller Anwesenden erweitert, indem er ein positives und facettenreiches Bild seiner Heimat gezeichnet hat.

 

Elisabeth Dorvil

    Autor: Elisabeth Dorvil
    Fotograf: Elisabeth Dorvil